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Die elende Wahrheit über künstliches Licht in der Foodfotografie

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Es gibt Dinge, bei denen man denkt: „Das kann doch nicht so schwer sein.“ Und dann versucht man es und merkt, dass es die Hölle auf Erden ist. Sonnenlicht im Studio nachbauen zum Beispiel. Klingt doch simpel. Eine Lampe hinstellen, Knopf drücken, fertig. Tja, schön wär’s.

Seit Stunden schiebe ich hier Lampen, Folien und Blitze durch mein Küchenstudio – und ja, nennen wir das ruhig mal Studio, auch wenn es im Grunde ein Tisch mit Kamera, Softbox und meiner stetig wachsenden Verzweiflung ist. Ich versuche also, mir ein kleines Stück Sonne ins Haus zu holen. Tag zwei. Tag zwei! Und die Sonne lacht sich draußen wahrscheinlich kaputt.

Aber warum „Sonnenlicht“ ins Studio bringen?

Warum tue ich mir das an? Nun, ich fotografiere seit vielen Jahren für meinen Foodblog. Ich habe alle Phasen durch. Angefangen mit der Dark-Fotografie, die man macht, wenn man nichts außer einer Kamera und schlechten Nerven hat. Dann Low-Key, mit improvisierten Lichtquellen, weil die richtige Ausrüstung einfach fehlte. Irgendwann kam Dauerlicht, Softbox, ein bisschen mehr Technik. Und damit wurde es besser. Weiche Schatten, schöne Flächen, alles so, wie es in der Foodfotografie üblich ist. Und es hat gereicht. Zumindest eine ganze Weile.

Aber irgendwann reicht „okay“ nicht mehr. Ich wollte mehr. Ich wollte Fotos, die aussehen, als hätten sie Sonnenstrahlen eingefangen. Nicht mehr dieses „ewiger Herbsthimmel“, sondern echtes, hartes, grelles Sonnenlicht, das sich in den Schatten bricht und das Bild lebendig macht.

Alles begann mit einem Computerspiel

Und das Ganze fing ausgerechnet mit Minecraft an. Ja, Minecraft. Ich spiele das ab und zu zum Runterkommen. Und dort kann man Shader installieren – Erweiterungen, die den Himmel plötzlich in goldenes Licht tauchen und dafür sorgen, dass die Welt aussieht, als hätte jemand die Sonne wiederentdeckt. Ich saß davor, und der Gedanke war sofort da: Das will ich für meine Fotografie auch.

Mein Studio-Setup für die Fake-Sonne

Also baue ich hier herum. Zuerst habe ich die äußere Diffusorschicht meiner Softbox abgenommen. Ergebnis: härteres Licht, härtere Schatten, nicht mehr diese verwaschene Suppe, die aussieht wie ein Himmel im Februar. Links steht die Softbox, rechts habe ich ein Lichtpanel hingestellt, um die Schatten etwas abzumildern. Denn draußen reflektiert das Licht ja auch von überall, da sind die Schatten nie ganz so gnadenlos. Ich habe es zuerst mit einem Reflektor probiert, aber das war ein Witz. Ich konnte die Intensität nicht kontrollieren, und am Ende stand das Ding im Weg. Mit dem Panel geht das in meinem Raum besser.

Und weil mir das Ganze immer noch zu kalt wirkte, habe ich eine CTO-Folie ausgepackt. ¼ CTO von Lee, für alle, die es genau wissen wollen. Macht das Licht etwas wärmer, angenehmer. Eigentlich eine gute Idee, aber ehrlich gesagt – ich glaube, es hätte auch ohne funktioniert.

Aber wenn man schon Geld ausgegeben hat, dann klemmt man die Folie auch dran. Sonst liegt sie in der Schublade und erinnert dich jeden Tag daran, dass du dich hast über den Tisch ziehen lassen.

Der Blitz als vermeintliche Rettung

Das Problem war: Es sah immer noch nicht nach Sonne aus. Es war härter, es war wärmer, ja – aber das war’s auch. Also habe ich vor die Softbox noch einen Blitz gestellt. Ohne Lichtformer, gleiche CTO-Folie drauf. Und plötzlich war er da: der Schlagschatten. Genau so, wie man ihn draußen kennt, wenn die Sonne keine Gnade kennt. In dem Moment dachte ich: „Jetzt läut’s.“

Drei Lichtquellen und der totale Wahnsinn

Aber da fing der Wahnsinn erst richtig an. Drei Lichtquellen. Drei! Wenn du eine heller stellst, sieht die nächste aus, als sei sie abgeschaltet. Drehst du am Blitz, säuft das Panel ab. Alles beeinflusst alles, und du sitzt da wie ein Wahnsinniger und drehst Knöpfe, verschiebst Lampen und fragst dich, ob du nicht längst die Kontrolle verloren hast.

Ich gebe zu, das Einstellen hat mir am Anfang noch Spaß gemacht. Es ist wie ein Spiel: hier ein bisschen heller, da ein bisschen weniger, mal die Lampe fünf Zentimeter verschoben. Aber irgendwann wird es absurd.

Lightroom – der Endgegner

Und dann kommt Lightroom. Da wird es richtig hässlich. Ich kämpfe mich durch Farbstiche, als wäre das ein eigener Endgegner. Erst war alles zu dunkel, dann zu gelb, dann plötzlich ein Magenta-Stich, dann wieder ein Grün. Und der Grünstich war der Gipfel. Im Bild war kein Grün. Nirgends. Aber Lightroom bestand darauf, mir eines reinzuwürgen. Ich hätte die Grüntöne einfach runterziehen können – aber das ist für mich ein Armutszeugnis. Ich will nicht nachträglich flicken, ich will gleich sauber fotografieren.

Also habe ich am Blitz rumgedreht, weniger CTO genommen (vorher ½ CTO, jetzt weniger), Weißabgleich angepasst – und plötzlich war der Grünstich weg. Einfach so. Keine Ahnung, warum. Funktioniert hat’s. Und das reicht. Manchmal ist es besser, nicht zu verstehen, warum es klappt, sondern einfach die Klappe zu halten und sich zu freuen.

Nur: Es sah immer noch nicht nach Sonne aus. Irgendwas stimmte nie ganz. Mal war’s ein Farbstich, mal ein Schatten, der nicht so wirken wollte, wie er sollte. Und ich sitze hier seit Stunden, fotografiere Bild um Bild, mache winzige Anpassungen, schiebe alles hin und her – und ja, es wird besser, Schritt für Schritt. Aber Sonne? Nein. Nicht wirklich.

Das sind meine Testbilder für die Lichtsetzung & Farbanpassungen.

Warum ich trotzdem nicht aufgebe

Jetzt fragst du dich: Warum dann nicht einfach das echte Sonnenlicht nehmen? Ganz einfach. Weil ich fotografieren will, wenn ich will. Wenn ich Zeit habe. Nicht, wenn die Sonne beschließt, mal kurz vorbeizuschauen. Ich will die Kontrolle, ich will unabhängig sein, und ich will meine Technik verbessern. Dafür nehme ich den Frust in Kauf. Aber die Wahrheit bleibt: Die Sonne ist immer besser. Ihr Farbspektrum ist breiter, feiner, alles an ihr ist überlegen. Wir tun hier so, als könnten wir das nachbauen – und am Ende ist es ein Spielzeug, das versucht, erwachsen zu sein.

Und jetzt bist du dran: Hast du schon mal versucht, Sonnenlicht im Studio nachzubauen? Oder bist du klüger und hast es gar nicht erst versucht? Schreib’s in die Kommentare. Ich will wissen, ob ich hier der Einzige bin, der sich freiwillig in so ein Chaos stürzt.

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